In meiner Erfahrung ist Religion wie eine Mauer, die Menschen trennt. Ich bin in Damghan geboren und aufgewachsen, einer uralten Wüstenstadt im Nordosten des Iran, wo viele Menschen Muslime sind, entweder weil sie daran glauben, oder weil sie dazu gezwungen werden. Moscheen gibt es dort überall. Jetzt bin ich eine Wanderin in Europa geworden, dem Herz der christlichen Kultur, wo es in jeder Stadt eine, oder sogar hunderte Kirchen zu geben scheint. In meinen Augen muss man nicht religiös sein, aber jeder von uns muss sich an etwas festhalten. Vielleicht ist genau das die Quelle von so viel Uneinigkeit und Streit zwischen den Menschen.
Religion, denke ich, trennt die Menschen von sich selbst, da sie uns dazu drängt, eine Macht außerhalb unserer selbst zu suchen. Die Suche nach übernatürlicher Legitimation für menschliches Handeln ist auch politisch – Viele, die andere beherrschen, beanspruchen dass ihre Macht durch göttliche Kräfte gerechtfertigt ist und dass sie mit etwas „Höherem“ in Verbindung stehen. Ich habe diesen Behauptungen nie Glauben geschenkt.
Die typischen iranischen Bauten und Gebäude aus Ziegeln haben die gleiche Farbe, die ich für das Papier meiner Skizzen gewählt habe. Diese Farbe bedeutet mir also sehr viel: Es ist die Farbe, die meine Augen von meiner Kindheit am Rande der Wüste her kennen und die den Gebäuden dort am meisten ähnelt. Die Ziegel der Moscheen in Damghan zeigen häufig arabeske krummlinige Muster, die den Bäumen und Gärten im Himmel ähneln sollen. Sie versuchen abzubilden, was auch immer „da oben“ ist.
Für mich besteht eine archetypische Wand aus Ziegeln, kleinen Elementen, die schließlich zu riesigen Strukturen führen. Vielleicht sind wir, die Menschen, mit unseren unterschiedlichen Religionen und Weltanschauungen selbst wie Ziegelsteine in den Mauern, die uns voneinander trennen?
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